Erwin Gloor

An der gelungenen Vernissage schien die Galerie zu bersten: ein Beitrag von den Schaffhauser Nachrichten.
 
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Erwin Gloors Werke der letzten Dekade sind in der Galerie Mera ausgestellt. Zur Vernissage an der Webergasse hatten sich Hunderte eingefunden.

VON WOLFGANG SCHREIBER

 

 

Roger Ballmer, Präsident des Kunstvereins Schaffhausen, konnte am Sonntagvormittag, wie man so schön sagt, tout Schaffhouse begrüssen. Es sind derart viele gekommen, dass etliche dem Gedränge vor den Bildern auswichen und sich auf der Webergasse aufhielten. Dabei schob sich Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrgehänge nahezu unerkannt mit den Hunderten von Vernissagegästen an ihrem Porträt vorbei.

Die heute 16-jährige Kantonsschülerin Nadine de Breet hat mit ihrem Vater die Vernissage der vom Kunstverein getragenen Ausstellung in der Galerie Mera an der Webergasse besucht. Dort hängt das Bild des Mädchens mit dem Perlenohrring gleich links nach dem Eingang. Selbstverständlich: Das ausgestellte Bild ist nicht das Vermeers, und Nadine de Breet hat auch nicht 1665 dem Niederländer Vermeer Modell gesessen. Das Bild ist eine von Erwin Gloor 2005 gemalte «Kopie» von Vermeers weltberühmtem Bild, und Nadine ist ihm im Atelier an der Schaffhauser Neustadt Modell gesessen. Jedoch, das Bild ist mehr als nur eine Kopie. Darauf hat an der Vernissage Hortensia von Roda aufmerksam gemacht: «Wenn Erwin Gloor fotorealistische Porträts malt, dann sieht das Endprodukt nicht wie das Foto aus.» Es sind nicht 1:1-Zitate, es entsteht anstelle des Altbekannten etwas Neues. Es scheint, als seien Gloors Modelle Inkarnationen der Modelle aus früheren Jahrhunderten. Diese Erfahrung macht der Bildbetrachter auch, wenn er das von Erwin Gloor nachgemalte Porträt Van Goghs genau betrachtet: Das ist nicht Van Gogh, der da auf dem fotorealistischen Gemälde abgebildet ist. Erwin Gloor verrät: «Es ist ein Mann, der in Feuerthalen wohnt.» Natürlich ziehen die fotorealistischen Gemälde die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Doch sie sind nicht das künstlerische Hauptanliegen Erwin Gloors. Hortensia von Roda hat an der Vernissage ausgeführt, dass der Fotorealismus für Erwin Gloor nur eine Art Gerüst ist, eine Art von Umweg, auf dem er akribisch und meditativ malt, Stunde um Stunde, Tag um Tag, um dann wie befreit oder wie aufgetaucht und mit neuer Kraft wieder zu seiner eigentlichen gestischen Malerei zurückzufinden. Es gibt das Gemälde «Sharon» in der Ausstellung, das auch die Rückseite des sehr empfehlenswerten Katalogs ziert. In diesem Bild scheint Gloor auf die Suche nach einer Balance hinzuweisen: Das schraffierte wie wohl fotorealistische Porträtbild des Mädchens mit der Wollmütze steht im Bild vereint neben zwei Bildern mit gestischer Malerei. Erwin Gloor, der die 70 überschritten hat, bewegt sich immer weiter. Das ruft Bewunderung hervor. Die Ausstellung ist unbedingt besuchenswert.

«Wenn Erwin Gloor fotorealistische Porträts malt, dann sieht das End- produkt nicht wie das Foto aus»

Hortensia von Roda Kuratorin