Ron Temperli: Spielraum

Styroporwesen, dichte Wälder und Farbkontraste, scharf wie ein Skalpell – die drei neusten Werkgruppen des Winterthurers Ron Temperli (*1975) sind zunächst vor allem eines: erfrischend unterschiedlich. Aber so, wie das Styropor sich als bemaltes Nussbaumholz erweist, offen-

bart sich nach und nach auch, was Temperlis Arbeiten
im Innersten zusammenhält: seine Bereitschaft nämlich, sich auf Gefundenes einzulassen.

Er ist überzeugt, dass immer auch das Gegenteil möglich ist, dass aus Nichts Alles werden kann und dass selbst Reste poetische Kraft entwickeln können. Im Fall der Waldgemälde zum Beispiel werden aus Punkten Motive, die – weil teils mit fluoreszierender Farbe gemalt – aus-
gerechnet im Dunkeln ein zweites Leben  entwickeln. Holzabfälle  stapelt Temperli zu Figuren, und zweckfreie Zeichnungen seiner Tochter bilden den Ausgangspunkt

für Ausflüge in die Kunstgeschichte. Entsprechend ist jede seiner Werkgruppen die Spielart einer anderen und damit Teil eines Ganzen.

Von der Anziehungskraft dieser konzeptuellen und alles andere als auf den grossen Effekt abzielenden Vor-
gehensweise konnten sich die Besucher der Galerie Mera bereits vor gut drei Jahren überzeugen. Kurz darauf erhielt Temperli im Kunstmuseum Winterthur den Künst-
lerpreis zugesprochen. Und auch anlässlich der jüngsten Ausgabe dieser jurierten Ausstellungsreihe hiess es in der Vernissage-Rede Anfang Dezember, dass Temperli «für seine diesjährige Arbeit […] wieder einen Preis verdient hätte». Eingereicht hat er die Holzskulpturen.                                                                                     T. Rabara

 

→ Beitrag von Madeleine Caleff, Kunsthistorikerin, Zürich